Die Bass-Balalaika

(aus: KÖPFCHEN 3/2002)

In Pirmasens, im Wohnzimmer von Heiner Kröher, steht nun bis auf weiteres an prominenter Stelle ein edles Stück, das auch eine Episode der Waldeck – Geschichte verkörpert: Es ist die wunderschön renovierte Bass – Balalaika aus dem alten Schwabenhaus.

Zur Waldeck kam sie im Frühjahr 1957 durch Peter Rohland, den früheren Gruppenführer der Schwäbischen Jungenschaft in Göppingen, der damals in Berlin (West) wohnte, studierte und sich auf eine Karriere als Lieder-Sänger und -Forscher vorbereitete. Er hatte sie bei einem Besuch in Ost-Berlin entdeckt. Einzelheiten der Erwerbung sind unbekannt. Das auf der Vorderseite in das Holz eingeätzte Wort „Kreml“ lässt natürlich an einen russischen Ursprung denken. Aber Heiner Kröher versichert, dass es in Leipzig einen Instrumentenbauer dieses Namens gab, von dem die Balalaika stammen müsse.

„Normale“ Prim–Balalaiken waren in den Gruppen durchaus bekannt und wurden – neben dem Hauptinstrument Gitarre – gespielt, auch von Peter Rohland. Das große Bass-Instrument war damals eine kleine Sensation auf der Waldeck. Peter Rohland spielte es zunächst selbst bei gesanglichen Auftritten der Schwaben, etwa im Sälchen der Waldeck. Dann ging das Instrument in die Obhut von Gustav Haltrich aus Stuttgart über, der sich intensiv darauf einübte und es bei Auftritten optisch und musikalisch zur Geltung brachte, z.B. bei der legendären Spielfahrt entlang der Mosel 1958.

Neben anderen Sammlerstücken, wie bunten Balkan-Teppichen, selbstgebastelten GlasscherbenMosaik-Tischen oder einem mit Keramikmosaik belegten Bodenleuchter und Bildern, gehörte es zum festen Inventar des Schwabenhauses. Besorgte Sammler nahmen es nach der Selbstauflösung der Burgjungenschaft in Obhut. Bislang tauchte nur die Balalaika wieder auf.

Heiner hat auch eine Erklärung für die eigenartige dreieckige Bauform des Instruments: da die Kunst des Intrumentenbaus in Russland verloren gegangen war, habe man auf Bootsbauer zurückgegriffen. In der Tat hat das Instrument starke Ähnlichkeit mit einem abgeschnittenen Schiffsbug. Der lange Hals kann als Klüverbaum eines traditionellen Seglers gesehen werden. Die gewölbte Unterseite wirkt wie ein beplankter Bug.

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Obwohl den Deutschen eine besondere Affinität zur russischen Seele nachgesagt wird, deren Ausdruck auch in der Balalaika–Musik liegt, sagen die große deutsche Brockhaus-Enzyklopädie und auch das deutschsprachige Internet wenig zu dem russischen Volksinstrument. In der digitalen ENCARTA-Enzyklopädie 2000 von Microsoft findet man schon etwas mehr:

„Balalaika, volkstümliches russisches Zupfinstrument aus der Lautenfamilie. Die Balalaika hat einen dreieckigen Schallkörper, ein kleines, rundes Schall-Loch, einen langen, schmalen Hals mit Bünden und drei Darm- oder Metallsaiten. Die Saiten werden entweder mit den Fingern gezupft oder mit einem Lederplektron angerissen.

Die Balalaika wird in sechs Größen, von der Piccolo- bis zur Kontrabass-Balalaika, gebaut. Das Instrument wurde im 18. Jahrhundert aus der Domra, einer in Zentralasien und Sibirien beheimateten Lautenform, entwickelt. Meist sind zwei der drei Saiten auf denselben Ton und die dritte eine Quart höher oder alle drei in Quarten gestimmt. Bei der am weitesten verbreiteten Art, der Primbalalaika, ist die Stimmung meistens e1 e1 a1 (e1 = das e liegt zwei Oktaven über dem eingestrichenen C).“

An anderer Stelle im englischsprachigen Internet: „The Balalaika family of instruments includes, from the highest-pitched to the lowest, the prima balalaika, sekunda balalaika, alto balalaika, bass balalaika and contrabass balalaika.“ Wir müssen also noch klären, ob wir es mit einer Bass- oder Contrabass-Balalaika zu tun haben.

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Jedenfalls hat Heiner das Instrument nach dem ersten Peter-Rohland-Singewettstreit im Jahr 2000, zu dem es von Peters Schwester Ingrid wieder auf die Waldeck gebracht worden war, zu sich genommen und es bei dem benachbarten und befreundeten Möbel- und Instrumenten-Restaurator Braun gründlich reparieren und restaurieren lassen und dafür einen stattlichen vierstelligen Betrag aus eigener Tasche hingelegt. Dafür sei ihm ausdrücklich Dank gesagt.

molo

(aus: KÖPFCHEN 3/2002)